Statement zu Rassismusvorwürfen

Im sozialen Netzwerk Instagram sehen wir uns im Moment mit herben Vorwürfen konfrontiert, die uns als rassistisch darstellen. Den wenigen, die in ihren Kommentaren und Anfragen ausdrücklich darauf hinweisen, bislang keine solchen Tendenzen bei uns beobachtet zu haben und deswegen hoffen, dass wir die Vorwürfe widerlegen, danken wir ausdrücklich. Über alle anderen Kommentare und teilweise ausufernden Beschimpfungen sind wir einfach nur bestürzt.

Worum geht es?
Ein Video auf Instagram zeigt eine Teilnehmerin der Weiterbildung Intensivpflege/Anästhesie, wie sie das Gelände der Klinik Knappenstraße verlässt und sich dabei beklagt, dass man ihr die weitere Teilnahme an der Fachweiterbildung untersagt habe, weil sie ein Kopftuch trägt. Sie bittet, dass der Beitrag geteilt wird, damit jeder weiß, dass Kopftücher nicht akzeptiert werden, obwohl sie in dem Haus nicht angestellt sei. Sie müsse sich nun eine andere Klinik suchen, um ihre Fachweiterbildung fortzusetzen.
Die zahlreichen Reaktionen werfen uns Rassismus vor, fehlende Menschlichkeit, Unkenntnis des Grundgesetzes, äußern Beschimpfungen in Wort und Bild und rufen zum Boykott unserer Klinik auf.


Was ist Fakt?
Tatsächlich ist die junge Frau im Rahmen ihrer Fachweiterbildung am Freitag, 4. Juni 21, zu uns gekommen und sollte zur mehrwöchigen praktischen Schulung auf der Intensivstation eingesetzt werden. Wie alle anderen Teilnehmenden ist sie über die Regeln hier im Haus aufgeklärt worden, die unter anderem auch das Tragen der Dienstkleidung betreffen und jegliche Kopfbedeckungen abseits der vorgeschriebenen Schutzkleidung untersagen. Dienstkleidung dient der Hygiene, der Arbeitssicherheit, der Einheitlichkeit und Wiedererkennbarkeit unserer Mitarbeitenden für Patienten. Sie ist identitätsstiftend, wird von uns in einwandfreiem Zustand gehalten und bei Bedarf durch zusätzliche Schutzkleidung ergänzt.
Am Montag, 7. Juni 21, ist die Teilnehmerin nochmal von der Leitung der Intensivstation auf die Einhaltung der Dienstkleiderordnung hingewiesen worden, und als klar wurde, dass sie ohne Kopftuch nicht arbeiten möchte, hat die Pflegedienstleitung sich mit der Weiterbildungseinrichtung in Verbindung gesetzt und nach einer anderen Klinik gesucht, in der sie den Praxisteil absolvieren kann. Sie setzt seit dem 8. Juni 21 in einer Dortmunder Klinik ihre Weiterbildung nahtlos fort. Sie musste sich um diesen Wechsel nicht selbst kümmern und hat dadurch keinerlei Nachteile.  Sie ist sogar näher zu ihrem Wohnort eingesetzt, denn die Fahrzeit nach Hamm fand sie zu lang, wie sie im Gespräch deutlich mitgeteilt hat.


Wie ist die Rechtslage?
Viele Kommentare gehen davon aus, dass durch unsere Dienstkleiderordnung das grundgesetzliche Recht der Religionsfreiheit verletzt würde. Das stimmt nicht. Gerichtsurteile bestätigen immer wieder, dass kirchliche Krankenhäuser und andere Arbeitgeber das Tragen von Kopftüchern im Dienst untersagen dürfen. (Amtsgericht Bochum: AZ.: 3Ca 1757/17, LAG Hamm AZ.: 18 Sa 639/18, LAG Hamm, Urteil vom 08.05.2015 – 18 Sa 1727/14, Bundesverfassungsgericht 2 BvR 1333/17)

Unsere Kleiderordnung drückt Gemeinschaft aus, nicht Rassismus.
Die Dienstkleiderordnung ist für alle 1350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verpflichtend und gilt auch für Praktikanten oder andere nur kurzzeitig Beschäftigte, die in Kontakt mit unseren Patienten kommen. Sie gilt für alle Dienstarten wie z. B. den ärztlichen Dienst, den Pflegedienst, den medizinisch-technischen Dienst und die Funktionsdienste. Sie gilt daher auch für Schulungsteilnehmerinnen, die über mehrere Wochen bei Patienten eingesetzt sind. Die Regeln werden erläutert und schriftlich zur Verfügung gestellt, von den Mitarbeitenden unterschrieben und in der Personalakte hinterlegt, ebenso wie die Verschwiegenheitsverpflichtung oder ähnliche bindende Vereinbarungen.

Unsere Kleiderordnung trifft bestimmte Entscheidungen, und wir haben uns darüber Gedanken gemacht. Kopfbedeckungen sind nicht vorgesehen, es sei denn, sie dienen dem Infektionsschutz. Frauen wie Männer tragen bei uns im patientennahen Bereich ihr Haar zusammengefasst, aber sichtbar. Patienten sollen auch Pflegekräfte, die Mundschutz tragen, erkennen und unterscheiden können. Unsere Dienstkleidung, für deren Beschaffung, Reinigung und Instandhaltung wir sorgen, besteht geschlechterunabhängig aus Kasaks und Hosen in bestimmten Farben, die den Arbeitsbereich kennzeichnen, und aus ebenfalls neutralen Kitteln in weiß. Dazu kommt ein Schild, auf dem die Patienten unsere Namen lesen können – es sind Namen aus vielen Ländern und Kulturkreisen. Zusätzliche Kleidungsstücke wie Kopftücher oder z. B. Röcke sind nicht vorgesehen. Auch unterscheidet sich die Kleidung der Chefärzte und -ärztinnen nicht von der Kleidung anderer Mediziner. Unsere Kleidung ist praktisch, sie symbolisiert Gleichheit, sie zeigt die Zugehörigkeit zum Haus. Es ist eine Kleidung, die weder Status noch Einstellung ausdrückt, und die am Ende eines Arbeitstages zurückgegeben wird. An jedem neuen Tag beginnen wir mit einem neuen Set wieder, jede und jeder im Team.  


Wir leben und arbeiten miteinander.
Wir haben Kolleginnen und Kollegen aus vielen Staaten innerhalb und außerhalb von Europa. Sie sind auch in leitenden Funktionen tätig, sprechen die verschiedensten Sprachen, haben in vielen Ländern ihre Ausbildungen absolviert und fühlen sich vielen Religionen zugehörig. Uns alle eint der Wunsch, gute Medizin und gute Pflege abzuliefern. Unsere Klinik ist nicht rassistisch.  
Nicht nur in Zeiten von Corona nehmen wir die Patientinnen und Patienten mit ihren Erkrankungen an, wie sie sind. Wir urteilen und bewerten nicht – nicht die Patienten, nicht die Kolleginnen und Kollegen. Dass insbesondere der Dienst in der Pflege nicht immer einfach ist, ist bekannt. Unsere Teams unterstützen sich gegenseitig, und sie springen füreinander ein, wenn es sein muss – an Feiertagen aller Religionen, bei privaten Anlässen, bei Problemen. Wir haben eine funktionierende Mitarbeitervertretung, die sich für die Belange der Mitarbeitenden engagiert einsetzt.
Was unsere Religion angeht, so sind wir – schon kenntlich am Namen – ein katholisches Haus. Wir wünschen uns Mitarbeitende, die einer der großen Schriftreligionen angehören und auf Basis der dort vertretenen Werte urteilen und handeln. Unser Krankenhaus-Seelsorgeteam unterstützt sichtbar die modernen Strömungen innerhalb der katholischen Kirche. Wir gehen achtsam mit religiösen Gefühlen von Mitarbeitern und Patienten um und respektieren andere Kulturen.
Im täglichen Umgang miteinander lassen wir unsere Religion wirken, ohne sie irgendwem aufzuzwingen. Gebete, Gottesdienste und Segnungen sind Angebote, die wir machen, aber sie sind nicht mit einer Erwartungshaltung verbunden oder gar verpflichtend.


Die unreflektierten Vorwürfe verletzen uns.
Wir sind entsetzt, dass sich so viele Menschen auf Beschimpfungen einlassen, nur weil eine Teilnehmerin in Weiterbildung sich nicht mit unseren für alle gütigen Regeln abfinden konnte. Dass so viel zerstörerische Energie freigesetzt wird, obwohl wir der jungen Frau durch unbürokratische Absprachen nahtlos helfen konnten.

Wir sind nicht unfehlbar. Wir streiten hier, wir müssen mit Missverständnissen umgehen, wir haben gute und schlechte Tage. Aber wir sind an keiner Stelle Rassisten. Wir fühlen uns in unserer Ehre verletzt, das besonders betonen zu müssen. Aber wir würden jeden und jede, die sich an dem Shitstorm auf unser Haus beteiligt hat, ohne jeden Unterschied in unserer Klinik aufnehmen und mit aller uns durch unsere Erfahrung, Qualifikation und Technik gegebenen Medizin behandeln, sein oder ihr Leben verbessern, verlängern oder retten.

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