April 2018

Zielbrille vs. Problembrille - der 9. Suchttag

Der 9. Hammer Suchttag stand im Zeichen des Rückfalls: Hinfallen und Aufstehen oder Liegenbleiben und Verrecken, so das Motto, das viele Interessierte lockte.

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9. Suchttag am St. Marien-Hospital Hamm
Zielbrille statt Problembrille

Der 9. Hammer Suchttag stand im Zeichen des Rückfalls: Hinfallen und Aufstehen oder Liegenbleiben und Verrecken, so das sehr zugespitzte Motto der Veranstaltung, die sich traditionsgemäß gleichermaßen an Betroffene, Fachleute, Angehörige und Interessierte richtet. Die Resonanz war größer als erwartet - ein Zeichen dafür, dass viele Menschen mehrere Anläufe benötigen, um von einem Suchtmittel loszukommen.

Auf dem Podium stand auch Markus Bahne, der sich selbst als „Aktivabstinenzler“ bezeichnet.  Markus Bahne möchte durch sein Beispiel Mut machen, den eigenen Weg aus der Sucht zu finden. „Trockener Alkoholiker – das klingt langweilig und negativ, macht den Leuten Angst“, sagt er. Er will dagegen setzen, dass sein Leben sich sehr positiv verändert hat, seit er gegen die Sucht angeht: „Es ist im Fluss“, beschreibt er es, und verwendet gerne weitere Bilder aus seinem früheren Beruf als Installateurmeister. 2008 erkannte er, dass es so nicht weiter geht. „Ich musste wieder in Bewegung kommen,  Möglichkeiten finden, den Druck abzubauen. Immer wieder hatte ich Probleme mit meinem hydraulischen Druckausgleich, also mit meiner Anpassung auf Belastungen.“ Nun hat er sich selbst viel Bewegung und Wassertrinken verordnet - das Ganze aber ohne Stress, sondern in seinem eigenen Tempo. Vor allem lernte er, sehr gut auf sich zu achten – Achtsamkeitsbasierte Rückfallprophylaxe heißt das Konzept.

Oberarzt Dr. med. Stefan Romberg begleitet Markus Bahne seit vielen Jahren. „Suchtprobleme sind bei Männern die häufigste Ursache für Krankenhauseinweisungen“, sagt er. „Die gesellschaftlichen Kosten betragen 40 Milliarden im Jahr – die Steuereinnahmen über die Sekt-, Bier- oder die Branntweinsteuer dagegen nur zwei Milliarden. Wein zum Beispiel wird überhaupt nicht sonderbesteuert.  Das Suchtmittel Alkohol wir immer noch verharmlost und ist allgegenwärtig“, prangert Romberg an.
Markus Bahne liebt Bewegung ohne Leistungsdruck: „Auf dem Stepper decke ich das Display mit dem Handtuch zu und höre lieber Musik“, berichtet er. Und stellt hinterher fest, dass er zwei Stunden trainiert hat.

Rückfälle vermeidet er, hört lieber auf seinen Körper, erkennt, was ihm gut tut: Bewegung, gutes Essen, angenehme Düfte zum Beispiel. „Ich gebe mir viel Mühe in allem, was ich tue, und ich lasse mich anleiten.“ Dr. Romberg arbeitet sehr individuell mit ihm zusammen, hat mit ihm Mittel entwickelt, die ihn bei hohem Suchtdruck helfen, nicht nachzugeben. Ansprechpartner gehören dazu, aber auch Gegenstände mit besonderer Bedeutung. „Der akute Druck, ein Suchtmittel zu benötigen, dauert nicht lange und ist endlich – ein paar Minuten, vielleicht eine Stunde. Die muss man überbrücken, dann geht es weiter.“ Suchterkrankungen sind chronisch, man braucht einen langen Atem.

Was können Angehörige tun? „Sie sollen eingebunden werden in das Gesamtkonzept, und zwar von den Profis“, findet Bahne. Er selbst hat sich ohne die Hilfe der Familie re-settet, wie er es nennt. Für andere Menschen kann die enge Zusammenarbeit der Freunde und der Familie mit den Therapeuten sehr hilfreich sein.

„Ich habe die „Zielbrille“ auf, kümmere mich vor allem darum, wo ich hin will, nicht wo ich her komme“, sagt Bahne. Mit der „Problembrille“, dem Blick auf Misserfolge und Hindernisse, kommt er nicht weiter: „Dann bin ich nicht im Fluss…“.  Mittlerweile arbeitet er als Nachhilfelehrer, was immer besser klappt, und plant einen Urlaub in Berlin. „Meine persönlichen Ziele will ich durch Alkohol nicht gefährden lassen!“

Schnell bei Schlaganfall

Mit steigendem Durchschnittsalter trifft immer mehr Menschen der Schlaganfall: Die Behandlung durch Kathetermethoden kann effektiv helfen.

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Eine Fotomontage zeigt die fehlende Durchblutung des Kopfes vor der Thrombektomie,den entfernten Blutpfropf,den Stent,dersogroßist wie eine Büroklammer und die wieder hergestellte Durchblutung.

Das Risiko steigt
Je älter wir werden, dest häufiger tritt er auf: der Schlaganfall. Der sogenannte "ischämische" Schlaganfall entsteht entweder, wenn Blutgerinnsel ("Thromben") verschleppt werden und Hirngefäße verstopfen oder sich vorgeschädigte, verengte Gefäße irgendwann komplett verschließen. Das Gehirn wird dann nicht mehr mit Blut versorgt ("Ischämie")und geht sehr rasch zugrunde. Selbst wenn man den Schlaganfall überlebt: Die Betroffenen sind häufig fortan pflegebedürftig.

Mit Medikamenten auflösen 
Die letzten Jahre haben therapeutische Fortschritte gebracht: Die Behandlung mit gerinnselauflösenden Medikamenten, die sogenannte Thrombolyse, wird in jüngerer Zeit durch Kathetermethoden effektiv ergänzt:
Der Arzt schiebt einen Katheter in die Halsgefäße bis in die Nähe des Gefäßverschlusses. Unter Durchleuch-tungskontrolle wird nun der Verschluss des Hirngefäßes mit einem Mikrokatheter und einem weichen Mikrodraht (Durchmesser unter einem Millimeter) überwunden.

Blockade entfernen
Über den Mikrokatheter wird dann ein sogenannter Stent-Retriever (Bild 3) eingeführt und im Blutgerinnsel freigesetzt. Sein feines Maschenwerk dehnt sich dabei in das Blutgerinnsel aus, so dass man es anschließend wie an einer Angel mit dem Stentretriever aus dem Hirngefäß herausziehen kann ("Thrombektomie"). Alternativ können manche Gerinnsel auch über einen speziellen Mikrokatheter abgesaugt (aspiriert) werden ("Aspirationsthrombektomie").

Sichtbarer Erfolg
Je größer die Blockade im Hirngefäß, desto schwerer kann sie durch Medikamente aufggelöst werden. Die Thrombektomie bringt die Durchblutung wieder in Gang: Das Bild zeigt links einen Gefäßverschluss vor dem Eingriff (1), das aus der inneren Halsschlagader erfolgreich entfernte Blutgerinnsel (2) und die wiederhergestellte Hirndurchblutung nach der Thrombektomie (4). Zuvor nicht durchblutete Hirnregionen werden wieder versorgt.

Auch für Hamm
Die Effektivität des Verfahrens konnte in mehreren großen Studien belegt werden:
„Der Grad der Behinderung durch den Schlaganfall und die Sterblichkeit konnten durch die Thrombektomie verglichen mit der Therapie durch Medikamente deutlich verbessert werden“, sagt Priv.-Doz. Dr. Wolfram Schwindt, der die Operation am St. Marien-Hospital durchführen kann.  „Manche Patienten kommen trotz schwerem Schlaganfall sogar gänzlich ohne Beeinträchtigung wieder aus dem Krankenhaus.“

Schnell muss es gehen
Entscheidend für den Erfolg ist beim Schlaganfall die das rasche Eingreifen. Kein anderes Organ reagiert empfindlicher auf Minderdurchblutung als das Gehirn.  Am besten sind die Chancen, wenn das Gehirn hinter dem Gefäßverschluss noch ausreichend von Umgehungskreisläufen versorgt wird. „Dann kann manchmal sogar nach längerer Zeit noch Hirngewebe gerettet und so die Folgen des Schlaganfalls gemindert werden.“ Immer gilt: Bei Verdacht mit 112 den Rettungswagen rufen und ab in die spezialisierte Stroke Unit des St. Marien-Hospitals!
 


PD Dr. Rieke und PD. Dr. Schwindt behandeln in Kooperation mit den Teams aus Angiologie und Anästhesie  erfolgreich gemeinsam Schlaganfälle.